ich betrat das letzte noch freie zimmer des hotels, freute mich über mein außergewöhnliches glück und musste nur zwei augenblicke später feststellen, dass das hotelzimmer wohl doch nicht so frei war, wie der pickelgesichtige mitzwanziger an der rezeption mir kurz zuvor gesagt hatte. eine alte, kaum bekleidete frau lag in einer hälfte des doppelbetts und schien friedlich zu schlafen.
„ach so, ja. das ist frau unterberger“, meinte der mann von der rezeption, der sofort zu mir geeilt kam, nachdem ich ihn gerufen hatte. „die hat hier vor jahren mal jemand vergessen. seitdem lebt die gute frau hier. das hatte ich wohl vergessen zu erwähnen.“ das hatte er in der tat. „und so lange sie noch nicht ganz tot ist“, fuhr der hotelangestellte, der für einen erwachsenen menschen wirklich außergewöhnlich viele pickel hatte, fort, „darf sie laut hotelleitung hier bleiben.“
„das ist nett von der hotelleitung“, fand ich. „allerdings glaube ich nicht, dass ich in diesem bett schlafen kann, wenn eine fast tote frau neben mir liegt.“
„ach was. wenn sie sich erstmal an ihren geruch gewöhnt haben, werden sie frau unterberger gar nicht mehr wahrnehmen. die gibt keinen mucks von sich“, meinte er. „außerdem haben sie ja auch gar keine andere wahl. das hotel ist komplett ausgebucht. wie jedes hotel hier über die feiertage.“
ich versuchte gerade, mich mit dem gedanken anzufreunden, neben einer halbnackten, steinalten frau zu schlafen, als sich frau unterberger plötzlich bewegte. „johannes, bist du das?“, krächzte sie und drehte ihren kopf schwerfällig in meine richtung. „ach wie schön, dass du endlich da bist.“
„sagten sie nicht gerade, sie würde keinen mucks von sich geben?“, fragte ich den rezeptionisten, dem augenblicklich zwei neue pickel aus der stirn traten.
„ja, das … das ist wirklich komisch“, sagte er und kratzte sich am hinterkopf. „normalerweise sagt sie kein wort, liegt einfach nur da und vegetiert vor sich hin.“
„möchtest du mir deinen freund nicht vorstellen?“, fragte mich frau unterberger, doch ich ignorierte sie.
„also unter diese umständen glaube ich wirklich nicht, dass ich hier übernachten möchte. selbst wenn das hier das letzte freie hotelzimmer der welt ist“, teilte ich meinem pickligen gegenüber mit, der urplötzlich anfing, schelmisch zu grinsen.
„das ist schade“, meinte er, während sich frau unterberger langsam erhob, wie eine halbverweste mumie, die soeben aus einem langen, tiefen schlaf erwacht war. „aber vielleicht“, sagte der hotelangestellte, „vielleicht habe ich sie ja auch nur angeflunkert.“
„angeflunkert?! was soll das heißen?“
„naja. vielleicht lebt frau unterberger ja gar nicht in diesem zimmer. vielleicht sorgt sie einfach nur hin und wieder dafür, dass es hier so schön sauber ist.“
eigentlich fand ich nicht, dass es in dem zimmer schön sauber war, sagte aber nichts dazu und schaute frau unterberger stattdessen nur verdutzt an. „tun … sie das?“, fragte ich die alte frau schließlich.
„nun ja“, lachte sie, nachdem sie mich einige sekunden lang einfach nur schief angestarrt hatte, „ich bin hier das zimmermädchen. das ist mein job.“
„oh“, meinte ich nur, und da ich in der regel der einzige bin, der mich verarschen darf, überlegte ich kurz, empört das hotel zu verlassen und in meinem auto zu schlafen. da ich mich damit aber letztendlich nur selbst bestraft hätte, blieb ich in dem hotel und verstopfte am tag meiner abreise das klo mit dem kopfkissenbezug.