wie ein menschlicher nacktmull

warum verwechseln die leute mich eigentlich ständig mit dem schönen hans?
„hey, du bist doch der schöne hans“, sagen sie, während ich mich nur frage, wer zur hölle eigentlich dieser schöne hans ist. und ob der schöne hans tatsächlich so schön ist, wie er heißt. vielleicht ist das ja auch nur ironisch gemeint, kann ja durchaus sein, und der schöne hans ist in wirklichkeit gar nicht schön, sondern ähnelt vielmehr einem nacktmull, der fleischgewordenen hässlichkeit, der übelsten aller launen der natur. und wenn er tatsächlich aussieht wie ein überdimensionierter nacktmull auf zwei beinen, dann weiß ich nun wirklich nicht, wie ich das finden soll, dass man mich andauernd mit ihm, dem angeblich so schönen hans, verwechselt, denn das würde ja schließlich bedeuten, dass auch ich…
nein, darüber möchte ich gar nicht nachdenken. schließlich finde ich mich ja eigentlich ganz okay, so wie ich bin. obwohl – da will ich mir mal nichts vormachen -, richtig schön bin nun nicht gerade. jedenfalls nicht so schön, als dass man sich bilder von mir über das bett hängen würde. aber wie ein menschlicher nacktmull sehe ich nun auch wieder nicht aus, denke ich noch so bei mir, als mich ein kleines mädchen plötzlich am ärmel packt, mich mit verängstigten augen anschaut und allen mut zusammen nimmt, um mich schließlich zu fragen:
„bist du ein… ein nacktmull?“
ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll, also laufe ich erst rot an und schließlich weg, springe über einen zaun und direkt in ein erdloch, um mich den blicken der menschen, die plötzlich von überall her auftauchen und mich anstarren, zu entziehen. sehe ich wirklich einem nacktmull ähnlich, frage ich mich, als ich einen zweiten mann in dem loch entdecke. er kauert vor mir im dreck und starrt mich an, wirkt verängstigt, doch dann lächelt er. seine vorstehenden nagezähne sind gelb wie pippi, die haut blass und faltig. er hat warzen, die seinen haarlosen körper schmücken, und aus der nasenspitze wachsen ihm drei einzelne haare, vielleicht als ersatz für seine verkümmerten augen.
ein menschlicher nacktmull, denke ich, da kommt der fremde plötzlich näher. mit seinen ausgebreiteten, dürren armen umarmt er mich, noch bevor ich reagieren und aus dem loch klettern kann. dann röchelt er in mein ohr:
„bruder.“
„ich… ich bin nicht ihr bruder“, erkläre ich dem nacktmullmann und versuche mich aus seiner umarmung zu befreien. doch er lässt nicht locker, drückt mich schließlich so fest, dass mir die luft wegbleibt.
„erkennst du denn nicht deinen eigenen… bruder“, höre ich ihn noch sagen, bevor mir langsam schwarz vor augen wird. „ich bin es doch, der schöne hans.“

Über christian s.

das, was ich hier hinein schreibe, wird dann später für alle sichtbar sein.
Dieser Beitrag wurde unter heiliger bimbam veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

13 Kommentare zu wie ein menschlicher nacktmull

  1. Meise sagt:

    Ohgottohgott! Wie haben Sie es denn geschafft, aus der Umklammerung des Nacktmullmenschenmannes zu entkommen? Kam die Nacktmullmenschenfrau und hat Sie ihm entrissen? Sind Sie jetzt mit ihr zusammen, der „schönen Helene“?
    Bitte, erzählen Sie!
    Bin gespannt!

  2. christian s. sagt:

    ich habe es gar nicht geschafft und befinde mich – während ich dies hier schreibe – immer noch in der umklammerung des menschlichen nacktmulls.

  3. Nina sagt:

    So, nach langem Mitlesen muss ich jetzt doch mal meine Stimme erheben. Diese Geschichte ist … beklemmend. Ich könnte schwören, ich hätte genau das irgendwann mal geträumt. Oder etwas sehr ähnliches. Jedenfalls fühlte es sich beim Lesen an, als hätte ich gerade ein Flashback in meine Kindheit. Was bedeuten würde, dass der Traum entweder schon sehr lange zurück liegt, oder aber gar kein Traum, sondern ein tatsächliches Erlebnis war. Schaurig.

  4. Sabine sagt:

    Lieber grob, die Verwechslung mit einem Nacktmull muss an Ihren Füssen liegen. Ganz eindeutig

  5. zoee sagt:

    oh, dann sind papa und mama ja bestimmt nicht weit und einer familienzusammenführung steht nichts mehr im weg. wie rührend!

  6. Meise sagt:

    Sie haben mein Mitleid, werter Herr Grob!
    Hoffentlich lässt der menschliche Nacktmull Sie zum 1. Juni wieder gehen, sonst käme ich ja gar nicht in den Genuss, Sie lesen zu hören! 😉

  7. Herr Schmidt sagt:

    Nacktmullschlafsäcke! Gehäkelte Nacktmullschlafsäcke! Auch in Übergrößen! Kommen Sie, kommen Sie! Nur hier gibt es die selbstgehäkelten Nacktmullschlafsäcke in Übergrößen!

  8. KleinesF sagt:

    Schöne Persiflage auf Hans im Glück.

  9. Darky sagt:

    diese geschichte ist… gruselig. ich werde heute nacht wohl alpträume haben. poster von ihnen möchte ich trotzdem. die kann ich dann verwenden um die tauben vom nachbarn zu tode zu erschrecken.

  10. Inferno sagt:

    Sie sollten graben lernen und eine kolonie bilden. dann fällt das gar nicht weiter auf!

  11. Erdge Schoss sagt:

    Heißt das, werter Herr Grob, dass ich Ihr Poster
    von meiner Wand wieder abhängen muss?

    Herzlich
    Ihr Erdge Schoss

  12. christian s. sagt:

    wenn es sie bisher nicht gegruselt hat, können sie das poster natürlich gerne hängen lassen.

    @infernno – danke für die aufmunternden worte. ich würde mich freuen, wenn sie als eine der ersten in meine kolonie einziehen würden.

    @darky – aber nicht, dass sie sich dann selber zu tode erschrecken.

    @kleinesf – tausche goldklumpen gegen hübsches gesicht.

    @herr schmidt – genau das, was ich jetzt brauche.

    @meise – es kann höchstens sein, dass sich die location ändert. eine lesung in einem erdloch, das gab es – so viel ich weiß – noch nicht.

    @zoee – der schöne hans meint, die wohnen drei löcher weiter.

    @sabine – blass, faltig und warzig – uh, kann sein.

    @nina – ich hoffe doch wirklich, es war nur ein traum. ist ja schon schlimm genug.

  13. Pingback: tod eines zu mittag speisenden » sie sind vollkommen schmerzunempfindlich

Kommentare sind geschlossen.