„hey, robert. was geht ab?“, sagte ich, als ich die küche betrat, doch robert beachtete mich nicht. er saß am küchentisch und hatte die lippen fest zusammen gepresst, so dass sie einen schmalen, blutleeren strich bildeten, während er mit seinen augen einen haufen ungekochter spaghetti fixierte und dabei sehr angespannt wirkte. er hob mit zwei fingern vorsichtig eine der harten nudeln hoch, so als sei sie eine bombe, die jeden moment und bei der kleinsten unachtsamkeit explodieren konnte.
„was machst du da?“, fragte ich ihn, zog einen stuhl hervor und setzte mich zu ihm, wobei ich ebenso ungeschickt wie unabsichtlich gegen den küchentisch stieß.
der spaghetti-haufen verteilte sich auf dem ganzen tisch, explodierte aber nicht.
„verdammt, pass doch auf.“ robert schaute mich an, als hätte ich ihm gerade aus versehen seine füße am boden festgetackert. einige nudeln kullerten über den rand des tisches, der trotz zahlreicher ausbesserungsversuche fürchterlich schief stand.
„oh, entschuldigung. ich, äh… wusste nicht, dass du…“ ich hatte keinen blassen schimmer, was er da veranstaltete, also ließ ich den satz unvollendet und fragte stattdessen: „warum hast du die nudeln nicht gekocht?“
„weil…“, schnaubte robert wie ein maulhengst kurz vor der kastration, „weil man mit gekochten nudeln nur sehr schlecht mikado spielen kann.“
ich musste zugeben, dass die erklärung mir durchaus einleuchtete. auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass man mikado normalerweise mit bunten holzstäbchen spielt und nicht mit nudeln. „ja, da… ist durchaus was dran“, stimmte ich ihm zu, während robert seine mikado-nudeln vom boden aufsammelte.
„obwohl“, sagte ich nach einer weile, „meine mutter hat immer gesagt, dass man mit essen nicht spielen soll.“
„bei uns war das anders“, meinte robert und klang nun gar nicht mehr aufgebracht, sondern irgendwie bedrückt. „wir… wir mussten sogar mit unserem essen spielen.“
„ach was?“
„damals, nach dem krieg, hatten meine eltern kein geld, um meinem bruder und mir teure spielsachen aus holz oder gar aus plastik zu kaufen“, erklärte mein freund, und ich überlegte, welchen krieg er wohl meinte. ich kam recht schnell zu dem schluss, dass es eigentlich nur der krieg der sterne sein konnte, und vielleicht hatten seine eltern ja ihr ganzes vermögen in teure ’star wars‘-merchandising-artikel gesteckt.
„ich habe sie gehasst“, unterbrach robert meine gedankengänge.
„deine eltern?“
„nein. die ’star wars‘-figuren, für die meine eltern ihr ganzes geld ausgegeben haben.“ ich hatte also tatsächlich recht mit meiner vermutung. „wenn ich doch wenigstens mit den figuren hätte spielen dürfen…“
„durftest du nicht?“, fragte ich.
„nein, natürlich nicht. ich durfte sie ja noch nicht einmal auspacken, nur anschauen.“ robert blickte mir traurig in die augen. „jeden zweiten sonntag.“
„oh, das ist natürlich bitter“, sagte ich und legte meinem freund eine hand auf die schulter. „wirklich sehr bitter.“
nach einigen augenblicken unangenehmen schweigens fragte ich schließlich: „wollen wir vielleicht eine runde mikado spielen?“
robert nickte.
während wir mit den spaghetti mehrere runden mikado spielten und ich sah, wie viel spaß es robert bereitete, beschloss ich, ihm gleich morgen ein richtiges mikado-spiel mit stäbchen aus holz zu kaufen. dass ich noch einen ganzen karton voll mit ’star wars‘-figuren auf dem schrank aufbewahrte, behielt ich aber für mich.
Suche
- Vögel, die bellen, fliegen nicht.
Letzte Kommentare
Archiv
- April 2012
- März 2012
- Februar 2012
- Januar 2012
- Dezember 2011
- Februar 2011
- Januar 2011
- Dezember 2010
- November 2010
- Oktober 2010
- Juni 2010
- Mai 2010
- April 2010
- März 2010
- Februar 2010
- Januar 2010
- Dezember 2009
- November 2009
- Oktober 2009
- September 2009
- August 2009
- Juli 2009
- Juni 2009
- Mai 2009
- April 2009
- März 2009
- Februar 2009
- Januar 2009
- Dezember 2008
- November 2008
- Oktober 2008
- September 2008
- August 2008
- Juli 2008
- Juni 2008
- Mai 2008
- April 2008
- März 2008
- Februar 2008
- Januar 2008
- Dezember 2007
- November 2007
- Oktober 2007
- September 2007
- August 2007
- Juli 2007
- Juni 2007
- Mai 2007
- April 2007
- März 2007
- Februar 2007
- Januar 2007
- Dezember 2006
- November 2006
- Oktober 2006
- September 2006
- August 2006
- Juli 2006
- Juni 2006
- Mai 2006
- April 2006
- März 2006
- Februar 2006
- Januar 2006
- Dezember 2005
- November 2005
- Oktober 2005
- September 2005
- August 2005
- Juli 2005
- Juni 2005
blogger.com-days
ich empfehle: männliche ergüsse
ich empfehle: weibliche gedanken
Meta
Bei uns war es früher so, dass ich meine Spiele nicht essen durfte.
Vergessen du musst was früher du gelernt. Immer zwei es sind! Ein Schüler und ein Meister!
ah, star wars. mit dem essen spielen. herr grob, ich liebe sie. äh, nein, ich liebe ihre geschichten. ich liebe diese geschichte. die ist wunderbar.
Nur anschauen, nicht auspacken, was waren
das für Eltern, werter Herr Grob?
Herzlich
Ihr Erdge Schoss
okay, mal abgesehen davon, dass es sein
einziges spielzeug war, aber: welches kind
spielt nicht gerne mit essen?
Gleich aus Holz? Hmmm? Vielleicht ein Zwischenschritt über Vermicelli?
Ach, Herr Grob, wie einfühlsam von Ihnen!
Kleiner Tipp: Mit Lasagne-Platten kann man übrigens auch wunderbar „Karten“häuser bauen!
Uh, Mikado. Was haben wir uns immer gestritten, ob das Stäbchen gewackelt hat oder nicht. Ganze Familien kann dieses Mist-Spiel zerstören.
ich schenke robert einen schwarzen edding. dann kann er punkte auf fischstäbchen malen und domino spielen. der arme!