vorher ein wenig gras

bernd stand mit dem rücken an einen baum gelehnt und balancierte einen apfel auf seinem kopf.
„vielleicht ist das doch keine so gute idee“, sagte er.
„keine bange“, meinte olaf, spannte seinen flitzebogen und zielte auf den apfel.
für bernd sah es so aus, als zielte olaf auf seinen kopf. er machte daher ein ziemlich gequältes gesicht.
„bist du dir auch ganz sicher, dass du den apfel triffst?“, fragte bernd.
„natürlich. aus der entfernung kann ich gar nicht daneben schießen.“
olaf ließ den bogen sinken und ging noch einen schritt zurück.
„aber das sind bestimmt zwanzig meter“, schätzte bernd. „eher fünfundzwanzig.“
„ich bin ein guter schütze“, behauptete olaf.
„solltest du nicht trotzdem vorher ein wenig gras in die luft werfen, um zu schauen, aus welcher richtung der wind weht?“
„wilhelm tell hat auch kein gras in die luft geworfen, bevor er seinem opa den apfel vom kopf geschossen hat.“
„wilhelm tell hat auch nicht seinem opa den apfel vom kopf geschossen, sondern seinem sohn.“
„tatsächlich?“
„ja. und zwar mit einer armbrust, und nicht mit so einem ollen, selbstgebastelten flitzebogen.“
„wie dem auch sei. jedenfalls hat sein sohn nicht die ganze zeit gequasselt, als wilhelm sich konzentrieren wollte.“
„ach, weißt du was?“, sagte bernd. „ich gehe jetzt.“
„und was ist mit den vielen leuten?“ olaf zeigte mit dem gespannten bogen auf die vielen leute, die um sie herum standen. einige duckten sich oder versteckten sich hinter denen in der ersten reihe. „die sind extra gekommen, um zu sehen, wie ich dir einen apfel vom kopf schieße.“
bernd blickte in die runde.
etwa fünfhundert gesichter blickten erwartungsvoll zurück.
„hmm. na gut“, sagte bernd schließlich.
„okay.“
olaf schloss sein rechtes auge, blinzelte durch das linke, konzentrierte sich und zielte erneut auf den apfel. bernd schwitzte derweil wie ein piemelbrüter, schloss beide augen und betete. dann ließ olaf den pfeil los.
der pfeil flog flatternd und wie in zeitlupe durch die luft und bohrte sich schließlich gut fünf meter vor bernds füßen halbherzig in den boden.
„mist“, sagte olaf, und bernd öffnete die augen.
„buh“, riefen einige leute. andere drehten sich um und gingen kopfschüttelnd weg.
„oh“, meinte bernd. „das war wohl nichts.“
„das war nichts“, bestätigte ihn olaf. „vielleicht hätte ich doch vorher ein wenig gras in die luft werfen sollen.“

Über christian s.

das, was ich hier hinein schreibe, wird dann später für alle sichtbar sein.
Dieser Beitrag wurde unter heiliger bimbam veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

13 Kommentare zu vorher ein wenig gras

  1. Pingback: Signal77 - Leben in der Dauernachtschicht

  2. waschsalon sagt:

    du bist ja ein richtiger story-teller

  3. JamesdK sagt:

    was zum teufel ist ein piemelbrüter? und warum schwitzt der so scheußlich? hat der was mit büffeln zu tun?

  4. medienjunkie sagt:

    piemelbrüter kenne ich auch nicht. vllt. hat olaf das gras fälschlicherweise geraucht? dann wären wieder bei dem mädchen, das immer rumgereicht wird…

  5. der.grob sagt:

    piemelbrüter sind ganz seltsame tiere, die eigentlich nur aus schwanz bestehen. und die ständig ganz fürchterlich schwitzen. bernd schwitzt wie ein piemelbrüter, weil es heiß ist. und weil er angst hat, dass er den pfeil ins auge bekommt. mit büffeln hat das übrigens gar nichts zu tun.

    @waschsalon – früher allerdings, da war ich ein papp-teller.
    (okay, schnell wieder vergessen, diesen grauseligen witz. ^^)

  6. scheibster sagt:

    Ich fürchte ja, der Piemelbrüter sieht aus wie eine Ferkelei.

    Ich glaube ja eher, sie waren ein Wilhelm-Teller. Um ihren grauseligen Witz am Leben zu halten.

  7. der.grob sagt:

    obwohl ich diesen ja wiederum gar nicht so grauselig finde.

    ich habe leider kein bild finden können, das einen piemelbrüter in seiner ganzen stattlichkeit zeigt. daher bleibt das aussehen dieses seltsamen tieres wohl ganz allein ihrer (schmutzigen) fantasie überlassen. 😉

  8. Kerze sagt:

    Hach…hier kommt man her und hat immer wieder was zu lesen…wundervoll.

  9. wort-wahl sagt:

    ein piemelbrüter ist doch ganz eindeutig ein synonym für den gemeinen schrittschwitzer. anders kann ich es mir nicht erklären.

  10. Naja, empfehlenswert wäre gewesen das Gras zu rauchen, statt zu werfen.

    Hilft meist.

  11. der.grob sagt:

    jo, macht ’ne ruhige hand.

    @wort-wahl – zumindest sind der gemeine schrittschwitzer und der piemelbrüter nahe verwandte.

  12. wort-wahl sagt:

    wusste ich es doch. kann ja nicht von ungefähr kommen, dass der piemelbrüter so fürchterlich schwitzt.

  13. der.grob sagt:

    bei dieser elendigen hitze schwitze sogar ich. obwohl ich weder ein piemelbrüter noch ein schrittschwitzer bin und noch nicht einmal mehr schweißdrüsen habe.

Kommentare sind geschlossen.