sie warteten auf petrus

petrus „pierre“ antonius laurentius karton, der mann, denn sie einst wegen seinem wilden hüftschwung liebten, gähnte. in letzter zeit wurde er immer schon recht früh müde, noch bevor es draußen dunkel wurde. der zahn der zeit, er hatte schon längst begonnen, auch an ihm zu nagen. petrus versuchte, dies so gut es eben ging zu ignorieren.
jetzt stand er auf und schlurfte in die mitte des raumes, um noch einmal seine hüften kreisen zu lassen. nur langsam und nicht mehr ganz so schwungvoll wie früher, denn seit einer weile knackten seine knochen bedrohlich laut. trotzdem klatschten die alten damen um ihn herum in ihre hände, und für einen kurzen moment waren die alten menschen des seniorenwohnheims etwas glücklicher. und sogar der alte mann, der meist nur verloren in einem großen sessel in der ecke des raumes saß, guckte etwas weniger traurig, als petrus seine hüften kreisen ließ.
schließlich hörte petrus auf und lächelte erschöpft.
„puh, ich kann nicht mehr“, stöhnte der alte mann. „ich werde mich für heute von ihnen verabschieden. gute nacht, alle zusammen.“
er winkte in die runde und trottete davon.
„gute nacht, petrus“, antworteten sie im chor, und einige winkten zurück.
petrus ging in sein zimmer und zog sich langsam aus. er streifte sich seinen blauen schlafanzug über, kletterte vorsichtig in sein bett. wieder knackten seine alten knochen, und petrus stöhnte leise. kaum hatte er sich hingelegt, war der alte mann auch schon eingeschlafen.

petrus hatte in dieser nacht einen sehr schönen traum. in seinem traum war er wieder jung und gutaussehend, schwang seine hüften zu wilder tanzmusik. und um ihn herum lachten und tanzten die schönsten mädchen der stadt. sie lachten und tanzten. und lachten …
petrus lächelte im schlaf.

der traum war schon lange vorbei, als der morgen graute und die vögel bereits ihre lieder sangen. die ersten senioren waren schon längst auf den beinen oder in ihrem rollstuhl und warteten geduldig auf ihr frühstück. und sie warteten auf petrus, den sie für seinen hüftschwung liebten. und für die freude, die er ihnen jeden tag bereitete.
petrus aber lag immer noch lächelnd in seinem bett und schlief. so tief und fest, wie nur diejenigen schlafen können, die nicht mehr erwachen.

Über christian s.

das, was ich hier hinein schreibe, wird dann später für alle sichtbar sein.
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20 Kommentare zu sie warteten auf petrus

  1. Leise, um den alten Tänzer in seinem ewigen Schlafe nicht zu stören, betritt der Klapsenschaffner den Raum. Er lächelt dem Grob zu. Nickt anerkennend und verneigt sich. Dann muss er wieder gehen, denn er möchte nicht, dass jemand das Schimmern der einsamen Träne auf seiner Wange bemerkt.

  2. b-l-ondgirl sagt:

    wie traurig 🙁

  3. Nomak sagt:

    Oh. So ein Ende hatte ich bei Dir nicht erwartet.

  4. stard sagt:

    ganz gross herr grob, ganz gross. ich lobe ja nicht gerne andere menschen, aber das ist ein meisterwerk. imho.

  5. wort-wahl sagt:

    mir fehlen ein bisschen die worte.
    schön, das.

  6. JamesdK sagt:

    Puh, da muss man erstmal durchschnaufen. Sehr traurig, aber auch extrem schön. Eine gute Art nicht mehr zu erwachen.

  7. jetzt muss ich mich erst mal aus Frust betrinken gehen…

  8. mulan sagt:

    nun hast du es ja doch getan 🙁
    … traurig. sehr traurig.

  9. nora sagt:

    nein. eigentlich nicht.

  10. Patrick sagt:

    Schön. Schon komisch. Warum ist man eigentlich traurig? Und ist das einzig Schlimme daran nicht, dass alle traurig sind?

  11. Patrick sagt:

    Korrigiere: Ist nicht das Traurige daran, dass alle traurig sind?

  12. stard sagt:

    das möchte ich mal mit einem zitat von nora beantworten:

    nein. eigentlich nicht.

  13. Nachtrabe sagt:

    Jetzt bin ich aber froh, dass ich noch eine Träne übrig hatte…

  14. Benefit sagt:

    Warum eigentlich „pierre“?

  15. schoko-bella sagt:

    oh…. das ist eine ganz neue seite an ihnen, herr grob! bin erstaunt.

  16. medienjunkie sagt:

    die letze zeit spüre ich ihren hang zu melancholie. sehr traurig. dabei hab ich petrus immer so gerne tanzen sehen.

  17. scheibster sagt:

    Alle sind beeindruckt – ich bin es auch. Auch wenn ich Ihnen noch eine Fortsetzung zutrauen würde, Herr Grob.

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