mit cowboyhut und verstimmter gitarre

es war nicht schön, ihn in der kneipe neben mir sitzen zu haben. aber ich habe nichts gesagt. irgendwie hatte ich ja auch mitleid mit ihm, denn er sah aus wie jemand, den seine kumpels vor jahren schon aus ihrer country-band geworfen haben, wovon er sich bis heute nicht erholt hat. er trug einen cowboyhut, der so mitgenommen aussah, als ob eine ganze büffelherde mehrmals über ihn drüber getrabt war, und auch sein zerknittertes gesicht erweckte den eindruck, mehr als einmal unliebsamen kontakt mit einer horde rinder gehabt zu haben.
der mann, der vom alter her mein vater hätte sein können aber gott sei dank nicht war, spielte auf einer alten wandergitarre und sang dazu so schief, dass es schon fast wieder zum klang seines verstimmten instruments passte, was die sache im grunde aber auch nicht besser machte. das eigentlich schlimme aber war, dass er augenscheinlich nur für mich spielte und sang, erst dylans „knocking on heavens door“, was ich in seiner version gar nicht mal so schlecht fand, dann aber „ein bisschen frieden“ von nicole, wofür ich ihm am liebsten meine socken in den mund gestopft hätte. ich überlegte, ob er vielleicht wegen diesem lied aus der country-band geflogen war, beschloss kurzerhand, dass es wohl so gewesen sein musste, zahlte mein bier und ging schnell nach hause.

als ich die tür zu meiner wohnung aufschloss, hörte ich schon seine knarzige stimme. einen augenblick später sah ich ihn dann in meinem wohnzimmer sitzen, mit cowboyhut und verstimmter gitarre.
„was zum geier machen sie in meiner wohnung? wie sind sie hier überhaupt reingekommen?“, fragte ich den unerbittlich singenden mann, der es tatsächlich irgendwie geschafft hatte, vor mir in meiner wohnung zu sein. ohne haustürschlüssel, wohlgemerkt. doch er ignorierte meine fragen einfach, blinzelte mich nur freundlich an und begann sogleich, eine aberwitzige und besonders lange country-version von „jeronimos cadillac“ zu spielen, dem wohl schlechtesten lied der welt. er spielte und sang diesen fürchterlichen song, spielte und sang und spielte mich langsam um den verstand, den er selbst – wie ich vermutete – schon vor langer zeit verloren hatte.

Über christian s.

das, was ich hier hinein schreibe, wird dann später für alle sichtbar sein.
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29 Kommentare zu mit cowboyhut und verstimmter gitarre

  1. JamesdK sagt:

    ich glaube diese art der konversation nennt sich neudeutsch „modern talking“. wenn man das richtig beherrscht, kann man durchaus ein herz und eine seele sein. probier es aus.

  2. zoee sagt:

    beschwer‘ dich nicht. immerhin hat er nicht „stairway to heaven“ gesingspielt. oder „streets of london“. oder „country roads“. du hast keine ahnung, wie gut du es hast!

  3. Pssst! sagt:

    sie hören mir kein boss-hoss mehr, verstanden?

  4. zoee sagt:

    @pssst!: danke, jetzt ist mir übel. ich rieche schweiss an achselshirts. und gerade wollte ich abendessen machen.

  5. Pssst! sagt:

    machen sie es nicht zoee. das abendessen. trinken sie lieber ein crodino-prosecco, so wie ich. Prost!

  6. Irgendwie kommt mir das bekannt vor, Herr Grob. Als ob ich das auch erlebt hätte…

  7. Maak sagt:

    nach den ersten zwei sätzen dachte ich erst sie schröben über mich.

    was aber den cowboy betrifft, so hätten sie ihn auf seine interpretation von „lucky man“ ansprechen sollen. die ist suuuper! echt. wirklich. super. versprochen!

  8. Johanna sagt:

    Ich habe jetzt auch einen Cowboyhut! Aber der ist nagelneu.

  9. christian s. sagt:

    passen sie bloß auf, dass ihnen keine büffelherde über den weg läuft. damit der cowboyhut noch lange so schön neu aussieht wie jetzt.

    @maak – im grunde ist es mir egal, was er als nächstes singt. hauptsache nicht mehr „jeronimos cadillac“.

    @der geschichtenerzähler – war der kerl etwa auch schon mal bei ihnen? dann sagen sie doch bitte, wie sind sie ihn losgeworden?

    @pssst! – dieser boss hoss, von dem sie da reden. ist das der kerl, der gerade bei mir ist? liebend gerne würde ich ihn nicht mehr hören. und sehen.

    @zoee – für ein „stairway to heaven“ wäre ich jetzt ehrlich gesagt sehr dankbar.

    @jamesdk – der mann trägt einen cowboyhut. ich denke nicht, dass ich mit ihm ein herz und eine seele sein möchte.

  10. legen Sie endlich das Matadorkostüm ab, dann ist Ruhe!

  11. Oder haben Sie sich etwa einen Taubenvergrämer eingefangen?

  12. Ich habe eine Frage, Herr Grob: War der Cowboy schneller als sein Schatten? Das würde nämlich erklären, was aus Lucky Luke geworden ist. Von dem habe ich nämlich seit meiner Kindheit nichts mehr gehört. Und der konnte auch nicht singen. Die Beschreibung würde also passen.

  13. Kaal sagt:

    Dies ist übrigens auch der Grund, warum im Marlboro-Country absolutes Rede- und vor allem Singverbot herrscht und sicherheitshalber überall die Stimmungsmusik bei voller Lautstärke aufgedreht ist.

  14. Nein, der Truckstop Realschule 77 Typ war nicht bei mir in der Wohnung… Aber ich habe auch gar keine Wohnung.
    Egal.
    Ich saß ihnen doch gegenüber als er seine Melodien zum Besten gab. Wissen Sie das nicht mehr? Ich habe ihnen doch immer so gierig in den Ausschnitt geschaut…

  15. Ich sag nur: highway to hell- gruselig!
    Gänsehauttragend und schlaflos, f.c.

  16. christian s. sagt:

    ja, wenn er denn wenigstens „highway to hell“ gespielt hätte. dann hätte ich vielleicht sogar mitgesungen.

    @der geschichtenerzähler – doch, jetzt erinnere ich mich. ich war drauf und dran die polizei zu rufen. oder die feuerwehr. ob die mir in meiner jetzigen situation wohl helfen können?

    @kaal – wissen sie, dass ich mir schon sehr oft die frage gestellt habe, wieso das so ist. jetzt habe ich endlich die antwort.

    @unterbelichtet – er war etwas größer als sein schatten. aber schneller … ist mir jedenfalls nicht aufgefallen.

    @weltdeswissens – das matadorkostüm habe ich schon längst verbrannt.

  17. Erdge Schoss sagt:

    Eine Pfanne, werter Herr Grob, ein Bettposten, die Tür Ihres Einbauschranks, die Stehlampe. Himmelherrgott, mit irgendetwas können Sie doch draufhauen. Oder haben Sie Angst um die Gitarre?

    Herzlich
    Ihr Erdge Schoss

  18. juf sagt:

    Was haben Sie denn gegen „Ein bisschen Frieden“. Ist doch ein Tip-Top-Song

  19. Anke sagt:

    Ach, schön war’s. Mir hat seine Anheizerband „Junggesellenabschied from Hell“ besonders gut gefallen. Aber ich mag ja auch Ihre Texte.

  20. christian s. sagt:

    ich mag bläser nur, wenn ein gewisser mindestabstand ziwschen ihnen und meinen ohren besteht. ansonsten waren sie natürlich zweifelsohne eine wucht. wie ihre texte, liebe frau anke, die ich auch sehr mag.

    @juf – immerhin ist es kein hip-hop-song.

    @herr schoss – ich kann doch keinen schlagen, über den eine büffelherde getrabt ist. der augenscheinlich den verstand verloren hat. so einer bin ich nicht.

  21. MC Winkel sagt:

    Aber das schlechteste Lied der Welt ist doch „Hiroshima“ von der Kelly Family, Oder?

  22. christian s. sagt:

    das stimmt. da es aber so schlecht ist, dass es offiziell nicht mehr gespielt werden darf – nicht einmal privat – rückt „jeronimos cadillac“ auf die pole vor.

  23. Reine Geschmacksache. Man sollte sich Neuem auch öffnen können.
    Kein Grund, den Verstand zu verlieren. Wo ist der denn jetzt?

  24. christian s. sagt:

    gerade ist er auf dem klo. und nicht in der army. auch wenn er gerade „in the army now“ zum besten gibt.

  25. Pssst! sagt:

    ich geh schlafen. gut nacht. mailen sie mir mal ihre private nummer? falls ich ihnen eine frische windel geben muß? man weiß ja nie….

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